Missionseinsatz in Wittenberg zum Reformationsjubiläum 2017

Spannende Begegnungen mit Besuchern

Von Annemarie Mayer (Adventgemeinde München-Sendling)

Die Gott treuen Menschen waren schon immer tatkräftige Missionare, die ihre Mittel der Ehre seines Namens weihen und ihre Fähigkeiten weise zu seinen Diensten einsetzen.“ (Acts of the Apostles, 109; vgl. Wirken der Apostel, 113)

Die Vorbereitungen gehen früh los

Bereits vor zwei Jahren hatte ich für unseren missionarischen Einsatz vom 29. Oktober bis 2. November 2017 ein Doppelzimmer im Adventhaus in Wittenberg reservieren lassen. Wir wussten: Die Anzahl der Übernachtungsbetten würde im Jubiläumsjahr 2017 extrem knapp werden. Überhaupt könnte es sehr schwierig werden, ein bezahlbares Zimmer zu bekommen.

Eine Partnerin für die Missionsarbeit zu finden, war nicht ganz leicht. Doch irgendwann dachte ich an Gisela Karl aus der Gemeinde Nürnberg-Marienberg, die ich schon viele Jahre kenne, und sie sagte mit Begeisterung zu. Die Führung Gottes durften wir auch durch eine frühe, preisgünstige ICE-Buchung von München nach Wittenberg für nur 29,00 Euro erleben.

Da ein Büchertisch nicht genehmigt worden war, versuchten wir, mit Abel Struksnæs aus Norwegen in Kontakt zu kommen, dem Verfasser der Broschüre 2017 – 500 Jahre nach Luther! … wo stehen wir heute? Er wollte mit seiner Frau sowie Jay Krüger aus Schweden nach Wittenberg kommen.

Ich packte mir einen Karton mit „Verheißungsbüchlein“ (26 kg) und schickte sie im Voraus an meine Adresse in Wittenberg. Auch einen kleinen Koffer mit Büchern packte ich.

Gott lenkt den Sturm am Anreisetag

Als der Reisetag herannahte, wurde in den Nachrichten von einem Sturm berichtet, der viele Zugfahrten unmöglich machen würde. So wurde im Internet für meine Route angeboten, die Reise zu stornieren. Aber ich vertraute dem Herrn, dem ich die Fahrt anbefohlen hatte, und trat die Reise Sonntag früh am 29. Oktober 2017 an.

Nachdem ich den ICE bestiegen hatte, sagte die Schaffnerin, dass wir bis Nürnberg kommen würden, aber darüber hinaus könnte man noch nichts sagen, da der Sturm nach Süden vorrücke. Bis Nürnberg waren es eineinhalb Stunden, bis Wittenberg aber sechs. Ich könne ja in Nürnberg aussteigen und morgen weiterfahren, meinte die Schaffnerin. Ich erwog diesen Gedanken kurz und verwarf ihn wieder, denn ich wollte auf Gott vertrauen, den ich gebeten hatte, seine Hand über unsere Fahrt und die Tage in Wittenberg zu halten. In Nürnberg stieg Gisela zu. Immer wieder befahlen wir unsere Fahrt dem lieben Gott an, der versprochen hat: „Rufe mich an am Tag der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich ehren!“ (Ps 50,15)

Während der Fahrt begannen wir, im Zug Broschüren zu verteilen. Nach einigen Stunden hieß es, dass wir in Leipzig alle aussteigen müssten, da die Gleise weiter nicht befahrbar wären. Im Stillen beteten wir weiter. Kurz vor Leipzig kam dann die Durchsage, dass ein Gleis freigeräumt worden sei und wir der erste Zug seien, der durchfahren könne. Alle im Zug jubelten.

Ankunft unterm Regenbogen

Reinhard Heller, der bereits mit seiner Frau Christa und einem Pastoren-Ehepaar aus der Adventgemeinde Bayreuth vor uns angekommen war, holte uns am Bahnhof ab.

Genau zu diesem Zeitpunkt wurde uns ein wunderschöner Regenbogen geschenkt. Große Freude machte sich in unseren Herzen breit. Wir waren voller Erwartung, was unser himmlischer Vater wohl nun in den nächsten Tagen an Führungen und Begegnungen schenken würde, nachdem wir bereits auf der Fahrt so sehr seinen Schutz und seine Hilfe hatten spüren dürfen.

Viele Gespräche und echtes Interesse

Am Montag gingen Gisela und ich nach dem Frühstück los – Gisela mit einem Rucksack und ich mit meinem kleinen Rollenkoffer und einer großen Umhängetasche – und machten drei Tage lang wunderbare Erfahrungen. Einige davon möchte ich hier zur Ehre unseres Herrn und Heilandes und zur Ermutigung und Stärkung der Leser berichten.

Zuerst begegneten wir einem Ehepaar aus einer evangelischen Freikirche, die aktiv in ihrer Gemeinde mitarbeiteten. Außer der Lutherbroschüre gab ich ihnen auch das Verheißungsbüchlein für ihre Seelsorgearbeit mit, von der sie berichteten.

Dann begegneten wir einem Mann, der erklärte, so eine Broschüre (2017 – 500 Jahre nach Luther) sei bereits vor einiger Zeit im Briefkasten gewesen; er habe sie jedoch weggeworfen. Wir redeten mit ihm, und nach einer Weile sagte er: Bitte geben Sie mir noch eine Broschüre. Er fasste Vertrauen zu uns und erzählte von seiner Depression und dass er Rockmusik hören würde. Ich sagte ihm, dass Rockmusik Rückwärts-Botschaften von Satan enthalten könne, die eventuell zu Depressionen führen. Er sollte sich diese Art der Musik lieber nicht anhören. Außerdem sei es vorteilhaft, täglich einen Esslöffel gutes Leinöl einzunehmen, wegen der Omega-3-Fettsäuren. Er ging in das nahegelegene Reformhaus kaufte gleich ein Fläschchen und zeigte es mir, ob es auch das richtige sei. Ist das nicht erstaunlich? Menschen vertrauen uns, wenn wir ihnen Wege zur Besserung ihrer Gesundheit aufzeigen.

Am Lutherhaus angekommen, trafen wir endlich die Norweger und auch Jay Krüger aus Schweden, der früher in der Missionsschule Lia unterrichtet hatte. Sie hatten eine Tonne Broschüren und Bücher mitgebracht und wollten von Montag bis Dienstagabend in Wittenberg verteilen. So hatten wir genügend Nachschub. Die oben genannte Broschüre brachten sie auf Englisch und Deutsch mit, den Großen Kampf oder Vom Schatten zum Licht ebenso in beiden Sprachen. Wie dankbar waren wir für so einen aktiven und kreativen Missionsgeist!

Am Montag trafen wir vor der Schlosskirche auch die Geschwister von der mitteldeutschen Missionsgruppe „Adventhoffnung“, die mit ihrem rollenden Bücherstand im Einsatz waren. Sie konnten an diesem Tag 150 Bücher Vom Schatten zum Licht und andere Bücher weitergeben wie auch segensreiche Gespräche führen.

Am Montag und Dienstag, dem eigentlichen Reformationstag, gab es einige mittelalterliche Marktstände, welche verschiedenste Waren anboten. Zwei Damen aus Baden-Württemberg hatten einem Stand mit altertümlicher Kleidung sowie hochwertige wollene Kleidung. Gisela wollte einen Rock kaufen, hatte aber kein Geld dabei. Obwohl der Rock nicht gerade billig war, durfte Gisela den Rock gleich anlassen im Vertrauen, dass wir ihn am nächsten Tag bezahlen würden. Wer hat denn so ein Vertrauen zu jemand, den er zum ersten Mal sieht? Auch das war für uns ein kleines Wunder Gottes. Wir gaben den Damen neben der Broschüre auch das Verheißungsbüchlein.

Als wir am nächsten Tag den Rock bezahlten, hatten wir wiederum ein sehr gutes Gespräch, und Gisela vertiefte den Gedanken, dass Luther das Papsttum auf Grundlage der Heiligen Schrift als Antichristen erkannt hatte, genauso wie es auch andere Reformatoren vor ihm und nach ihm taten. Eine der Damen wollte unbedingt ein Verheißungsbüchlein ihrer Mutter geben, also schenkten wir ihr noch ein zweites. Nachdem wir über den verkehrten Weg der protestantischen Kirche, die den Weg zurück nach Rom geht, gesprochen hatten, gaben wir ihnen noch das Buch Vom Schatten zum Licht. Die Verabschiedung war herzlich.

Vor einem Weinstand beeindruckte mich ein Mann, auf den wir dann zugingen. Er war der Eigentümer des Standes. Bei der Unterhaltung stellte sich heraus, dass er die Bibel gelesen hatte, um mitreden zu können, denn es drehte sich in Wittenberg immer wieder um Luther und sein Werk. Zuerst glaubte er, bereits alles zu kennen, aber aus unserem Gespräch konnte er doch viel Neues entnehmen.

Gisela liebte es, die Leute in längere Gespräche zu verwickeln – über Luthers Reformation und über den Antichristen. Sie berichtete auch gerne über ihr eigenes Leben, wie sie ihr Leben vor sieben Jahren dem Heiland übergeben hat und mit ihm trotz ihrer Beinah-Blindheit wunderbare Erfahrungen macht. Als ein wichtiges Telefonat reinkam, sagte er, dass wir unbedingt wiederkommen sollten.

Ich schaute immer gerne in die Gesichter der Menschen, um zu wissen, wem wir die Broschüre geben konnten. Manchmal gab ich die Broschüre bewusst Menschen, bei denen ich den Eindruck hatte, sie würden sie nicht nehmen, und jedes Mal hatte ich Recht. So verließ ich mich auf die Führung des Geistes Gottes und seinen Eindruck.

Einmal war ich beeindruckt, mit Gisela zu einem Salzstand zu gehen. Im Gespräch mit der Frau am Stand bekam ich den Eindruck, ihr das neue Verheißungsbüchlein zu geben. „Oh, das ist von Ellen White?“, fragte sie. „Ja“, entgegnete ich, „und ich habe es zusammengestellt.“ Sie erzählte uns, sie habe schon viele Bücher und DVDs von amazing discoveries gekauft und dabei viel über Gesundheit gelernt. „Alle sollten so leben wie die Adventisten“, meinte sie. Dann sagte sie weiter: „Ich bin in der Landeskirche wegen meiner Familie, aber ich habe die Erwachsenentaufe als richtig erkannt, und so habe ich mich kürzlich von einem Baptisten in einem See taufen lassen.“ Wie Unglaubliches können wir erleben, wenn wir der Führung des Geistes Gottes vertrauen!

Gebete, Tränen und Fragen steigen empor von Menschen, die nach Licht, Gnade und Heiligem Geist Verlangen haben. Viele stehen an der Schwelle zum Reich Gottes und warten nur darauf, hineingebracht zu werden. (Wirken der Apostel, 112)

Am nächsten Tag brachten wir ihr noch das Buch Vom Schatten zum Licht.

Am Reformationstag

Der nächste Tag war der eigentliche Höhepunkt, nämlich der Reformationstag, der sich an diesem 31. Oktober 2017 zum 500. Mal jährte.

Als Gisela und ich an diesem Morgen aufwachten, hatten wir solche Kopfschmerzen, als hätte uns jemand nachts mit dem Hammer draufgeschlagen. Aber wir gaben diesen Schmerz und die Führung des Tages bei unserer gemeinsamen Andacht in seine gnädige Hand, wie wir es immer taten.

Durch die Führung Gottes kam ein Einsatz von Reinhard Heller zustande, der gar nicht geplante gewesen war. Er ging am Vormittag mit und legte für kurze Zeit seine fast 6 Meter lange Folie mit den Bildern, Symbolen und biblischen Texten über die Statue des Nebukadnezars (Buch Daniel) bis zur Offenbarung auf den Boden im Durchgang zum Lutherhaus.

Lutherhaus in Wittenberg, Wikimedia Commons, CC-BY

Ein Ehepaar aus Argentinien schaute sehr interessiert die verschiedenen Kapitel auf der Folie an, und so bat mich Reinhard, die verschiedenen Themen von Daniel bis Offenbarung auf Englisch kurz zu erklären. Sie waren so begeistert, dass sie zur Erinnerung unbedingt ein Foto von uns machen wollten. Ich gab ihnen den englischen Großen Kampf mit der Erklärung, dass hier noch mal alles über Luther, die Reformation und die Auswirkungen bis heute detailliert beschrieben sei.

Es blieben noch andere Menschen vor der Folie stehen, und Reinhard war eifrig und voller Begeisterung dabei, den fragenden Menschen die Bedeutung und Erfüllung der Prophetie zu erläutern. Er wies immer wieder auf den Glauben und das Vertrauen zur Heiligen Schrift hin und verteilte weitere Literatur zum Nachstudium.

Reinhard erzählte mir später, dass er mit der Rolle von 2.600 Jahren Kirchen- und Weltgeschichte durch die Straßen von Wittenberg gezogen war und da und dort interessierten Menschen die göttliche Prophetie gezeigt hatte. Sogar die Polizei war mit ihrem Auto stehengeblieben und hatte sich dafür interessiert, was hier auf dem Boden lag; sie war sichtlich erfreut gewesen über solche Teilnehmer am Reformationstag.

Währenddessen hatte Gisela wieder wertvolle Gespräche vor dem Lutherhaus. An diesem Tag war die Stadt voller Besucher, und es war eine Freude, ihnen die Broschüren zu geben. Nach einiger Zeit gingen wir den bekannten Weg zur Schlosskirche und verteilten wie gewöhnlich.

Die Schlosskirche war großräumig abgesperrt worden, denn es waren hohe Gäste aus Kirche und Politik zu einem feierlichen Gottesdienst um 15.00 Uhr geladen. In der Nähe der Absperrung befanden sich die Norweger mit Vorräten an Kartons und verteilten fleißig. Wir schlossen uns ihnen an. Ich machte einen provisorischen Bücherstand. Auf dem kleinen Leiterwagen waren einige der vollen Kartons mit den Lutherbroschüren. Auf die Kartons legte ich die englische und deutsche „Lutherbroschüre“, den Großen Kampf auf Englisch und Deutsch sowie das Verheißungsbüchlein.

Dann geschah Erstaunliches. Noch nie zuvor habe ich einen solchen Andrang erlebt, wo die Leute selbst nach den Büchern griffen. Ich musste nicht viel dazu erklären; ich sagte nur: In diesem Buch (Vom Schatten zum Licht) ist die gesamte Geschichte von Luther zu lesen und auch der anderen Reformatoren. Einige kamen zurück und wollten noch weitere Verheißungsbüchlein und die Lutherbroschüre sowie den Großen Kampf für ihre Verwandten und Freunde. Es war unglaublich! Ich konnte kaum nachkommen, die Broschüren auszupacken und nachzufüllen. Eine Frau sagte, sie habe das Buch Der Große Kampf verschlungen und benötige noch eines für ihre Schwester.

Dann kam ich in ein Gespräch mit einem Ehepaar aus Kanada und gab ihnen den Großen Kampf auf Englisch. Sofort erkannten sie mich dadurch als Adventistin. Sie waren so voller Freude über diese Begegnung, dass sie unbedingt ein Foto mit mir und dem englischen Großen Kampf zur Erinnerung für ihre Heimat machen wollten.

Vom Schatten zum Licht für den Bundespräsidenten und die Kanzlerin

Zur selben Zeit lief Wolfram Schmorl, mit dem ich vor zehn Jahren schon in Altötting anlässlich des Besuches von Papst Benedikt verteilt hatte, auf mich zu und rief: „Annemarie, Annemarie, ich muss dir was erzählen!“ „Ja“, sagte ich, „erzähl.“ „Stell dir vor, nachdem der Gottesdienst zu Ende war, und ich war ja ziemlich oben bei der Absperrung sah ich den Bundespräsidenten und die Bundeskanzlerin zum Händeschütteln in meine Richtung gehen. Das war meine Gelegenheit! Ich drängte mich zur Absperrung und rief dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zu, dass ich hier ein Buch für ihn habe, wo aufgezeigt wird, warum Amerika sich gerade so wandelt. ‚Was?‘, entgegnete der Bundespräsident. ‚Das steht da drin?‘ ‚Ja‘, sagte ich, ‚ab Kapitel 35‘.“ Dann berichtete er: „Anschließend reichte ich noch der Bundeskanzlerin Angela Merkel dieses Buch über die Absperrung und sagte: Ich habe ein Geschenk für Sie!“ Ich sagte: „Das ist ja toll, das ist ja wunderbar!“ Mein Gebet ging in Erfüllung!

Vom Schatten zum Licht, Kapitel 35: "Gewissensfreiheit in Gefahr"

Ein Glaubensbruder erzählte mir später, dass er für eine Gelegenheit gebetet hatte, dass ich diesen beiden Staatsdienern den Großen Kampf geben könnte. Und Gott lenkte es so, dass Wolfram es ausführen konnte. Wie wunderbar! (Auch hatten er und weitere Geschwister sich abgestimmt, dass in den vergangenen sieben Monaten fast an jedem Sonntag an der Schlosskirche Lutherbroschüren und andere Bücher ausgeteilt wurden.)

Was für ein Tag! Es waren viele deutsche Geschwister hier im Einsatz. Nach meinem Eindruck hätten es bei den vielen Menschen sogar noch mehr sein können. Sogar aus Norwegen und Schweden waren Geschwister gekommen, und obwohl sie der deutschen Sprache nicht mächtig waren, verteilten sie fleißig. Sogar eine junge Brasilianerin verteilte das Buch Vom Schatten zum Licht. Noch mehr Hände und fröhliche Herzen hätten wir gebraucht!

Indes war Gisela fleißig dabei, den Menschen über Luther, sein Werk und den Weg der Protestanten in die falsche Richtung zu erklären. Sie hatte kaum Zeit, ihr Brötchen zu Ende zu essen. Einer bedankte sich sehr bei ihr für diesen Denkanstoß. Andere Menschen gesellten sich zu ihrem Gespräch und hatten noch Fragen an sie. Wie wunderbar Gott einen Menschen benutzte, der fast blind ist!

Als wir am Abend zurück in unser Zimmer kamen, waren wir erschöpft und unser Rücken schmerzte, aber wir waren überglücklich. Wir konnten Gott nur loben und danken für all die besonderen Erfahrungen, die er uns geschenkt hatte. Obwohl nur wenige Meter rechts von uns und einige Meter vor uns Polizisten an der Absperrung standen, genossen wir alle Freiheit, Gottes Wort weiterzugeben.

Letzter Tag: Das Material geht aus

Nun kam der 1. November 2017, der dritte Tag unseres Verteileinsatzes. Die Stadt wirkte wie ausgestorben: Die Marktstände waren abgebaut, die Menschenmengen verschwunden, die Absperrungen aufgehoben.

Am Vormittag besuchten wir mit den Glaubensgeschwistern aus Bayreuth in Wittenberg das Panorama LUTHER 1517. Eine eigens errichtete Rotunde beherbergt die ca. 15 x 75 Meter große, runde Leinwand, auf der durch 900 Personen Lebenssituationen von 1517 dargestellt wurden. Begleitmusik von Eric Babak, gepaart mit eingesprochenen Kommentaren, rundete die Zeitreise ab – ein großartiges Erlebnis, das man unbedingt gesehen haben sollte, wenn man in Wittenberg ist. Kreiert hatte es der bekannte Künstler Yadegar Asisi.

Nachdem unser Führer alles sehr eindrücklich erklärt und die katholische Kirche dabei recht kritisch dargestellt hatte, suchten wir am Schluss ein Gespräch mit ihm und gaben ihm Literatur. Als er dann doch die Ökumene befürwortete, bemerkte ich, dass Luther das nicht gewollt hätte.

Beim Ausgang im Foyer gab ich einer Asiatin die englische Broschüre. Gerade wollte ich noch den Großen Kampf auf Englisch hinzufügen, als ihr Mann dazukam und mich anhand dieses Buches als Adventistin erkannte. Er erzählte dann, sie seien aus Korea und er arbeite als Pastor in Russland. Ihre drei Kinder hatten sie mit dabei. Wir gingen mit den Bayreuthern nach draußen, umarmten uns in einem Kreis, und er betete mit uns. Was für eine erbauende, schöne Erfahrung und ein Segen für alle!

Am Nachmittag waren wir unterwegs zur Schlosskirche, die wir sie gerne von innen sehen wollten. Auf dem Weg begegneten wir zwei Frauen, denen wir am Tag zuvor die Lutherbroschüre gegeben hatten. Wir kamen in längere Gespräche über Luther und die falsche Rückkehr der protestantischen Kirche zur katholischen. Mit je einem Verheißungsbüchlein sowie einem Großen Kampf verabschiedeten wir uns sehr herzlich. Eine der beiden versprach, mir Bilder von den beiden Kirchen von innen und außen zu senden, was sie auch getan hat.

Wir wollten aber unbedingt die Schlosskirche von innen sehen. Leider war sie verschlossen. Zwei Amerikaner standen vor der Tür und erklärten, niemand könne hinein. Als ich nachfragte, warum denn geschlossen sei, sagten sie mir, dass dort eine Versammlung der 600 wichtigsten Führer der protestantischen Kirche stattfinde. Ich dachte nur wehmütig: Ich habe zu wenig Material!

Ich erfuhr außerdem, dass sie dieses Treffen schon vor zwei Jahren gebucht hatten. Einer der Amerikaner erklärte mir, dass sie alle bestrebt seien, Menschen in eine tiefere Beziehung zu bringen. „Wen der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder“, sagte er. Ich interessierte mich für dieses Netzwerk und erbat mir ihre Webseite; sie lautete billion.tv.

Einem Mann gaben wir die Lutherbroschüre, und als er sich entfernte, hatte ich den Eindruck, ihm nachzugehen. Ich schenkte ihm noch das Verheißungsbüchlein, und da er sich als Theologe ausgab, erzählte ich ihm von dem Treffen, das gerade in der Kirche stattfand. So kam er noch einmal zurück, und Gisela führte ein Gespräch mit ihm. Ich kümmerte mich derweil um die Englisch sprechenden Besucher, die ebenfalls die Schlosskirche besichtigen wollten.

Wir warteten noch recht lange, bis sich die große Tür mit den Thesen öffnete und die 600 Leiter herauskamen. Was für eine Gelegenheit, englische Literatur auszuteilen! Doch leider hatte ich nur noch rund 25 der englischen Broschüren bei mir und dachte: „Was ist das für so viele?“ Einer fragte mich, ob es stimme, dass Angela Merkel evangelisch sei und ihr Vater Pastor war. Ich bejahte es.

Ich betonte, dass ich sehr erstaunt sei, dass die protestantische Kirche einknicke und sich wieder der katholischen Kirche annähere. Doch verschwanden alle diese Führer schnell in bereits wartenden Bussen, die sie nach Berlin bringen sollten. Schade, dass die Norweger nicht mehr da waren – wie gut hätten wir noch die restlichen englischen Broschüren verteilen können! Ich betete dafür, dass diese Leiter sich untereinander auf der Heimfahrt austauschen oder nachbestellen würden.

Rückreise und Nachtrag

Am nächsten Tag ging es von Wittenberg zurück in die Heimat, und Gott schenkte die Möglichkeit für gute Gespräche mit Reisenden in unserem Abteil, die sich über unsere Bücher sehr freuten und sogar untereinander austauschen wollten.

So ging eine ereignisreiche Zeit zu Ende, und unser Gebet war und ist, dass die verteilten Bücher und Broschüren den Menschen zum Segen sind. Wir erinnerten uns an die Worte aus dem Lukasevangelium: „Also auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprechet: Wir sind unnütze Knechte, wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.“ (Lukas 17,10)

Allein in Wittenberg wurden an diesen Tagen 30.000 Broschüren und Bücher verteilt! Inzwischen habe ich auch erfahren, dass Nicola Taubert, dessen Kontaktdaten in der Broschüre angegeben sind, seit einigen Wochen täglich mehrere Stunden mit der Beantwortung von E-Mails, Anrufen und dem Verschicken des Großen Kampfes zu tun hat.

Ein Engel führte Philippus zu dem Mann, der nach Licht suchte und bereit war, das Evangelium anzunehmen. So werden auch heute Engel die Schritte aller Mitarbeiter leiten, die ihre Zungen vom Heiligen Geist heiligen und ihre Herzen vom ihm läutern und veredeln lassen. Der zu Philippus gesandte Engel hätte den Dienst an dem Äthiopier selbst ausrichten können; aber Gott wirkt anders. Er will, dass die Menschen für ihren Nächsten wirken. (Acts of the Apostles, 109; vgl. Wirken der Apostel, 112-3)