Historisches Gebet zwischen Vatikan und anglikanischer Kirche

Von den Öffentlich-Rechtlichen über SPIEGEL, FAZ, STERN und BILD bis hin zu Vaticannews und Katholisch.de haben alle darüber berichtet : Über ein Gebet. Es war ein Gebet zwischen dem britischen Monarchen und gleichzeitigem Oberhaupt der anglikanischen Kirche, König Charles III. und dem Papst Leo XIV. Allerdings handelte es sich nicht um irgendein Gebet. Es war das erste Gebet zwischen dem obersten Vertreter des Vatikans mit dem der anglikanischen Kirche seit 500 Jahren. Was aber macht dieses Ereignis so besonders, dass ihm solche Beachtung geschenkt wird in der doch für gewöhnlich eher nichtkirchlichen medialen Welt?

„Historisch! King Charles betet mit dem Papst“, titelt die BILD. Als „Versöhnung“ bezeichnet es der SPIEGEL. „Papst Leo XIV. und König Charles III. sitzen in der Sixtinischen Kapelle, etwa zwei Meter voneinander entfernt, über ihren Köpfen die wohl schönsten Fresken der Welt. Die beiden Monarchen und Kirchenoberhäupter sind gerade zum gemeinsamen, ökumenischen Gebet zusammengekommen, abgehalten vom Papst selbst, der Monarch der Vatikanstadt ist, und vom Erzbischof von York.“

Um das Besondere an diesem Ereignis zu verstehen, muss man weit in die Geschichte zurückgehen. 1509 wird Heinrich VIII. König von England. Dieser, als gläubiger Katholik aufgewachsen möchte sich von seiner damaligen Frau scheiden lassen. Grund: Es fehlt ein männlicher Thronnachfolger. Doch dazu bedarf es der Erlaubnis des Papstes, die dieser verweigert.

Ursprünglich der katholischen Kirche treu ergeben betreibt Heinrich der VIII. ab 1527 die Loslösung von Rom. 1534 schließlich beschließt das Unterhaus im November 1534 die Anerkennung HEINRICHS VIII. als Oberhaupt des Staates und der anglikanischen Kirche.

Gleichzeitig wurden sämtliche Tributzahlungen an die katholische Kirche eingestellt. Das Eintreiben von Geld jedoch war schon immer eines der wichtigsten Ziele des Vatikans. So wie der Bau des Petersdoms im Wesentlichen aus durch den Ablasshandel erzielten Mitteln finanziert wurde, wurde die päpstliche Basilika Sankt Paul „ab dem 7. Jahrhundert für viele Jahre durch das Gold angelsächsischer Könige finanziert.“ Papst Leo ist die Symbolträchtigkeit dieser Tatsache sehr wohl bewusst: Dorthin nämlich geht es nach dem gemeinsamen Gebet mit König Charles und Königin Camilla.

Schon seit dem 14. Jahrhundert sind die Forderungen Roms den Engländern ein Dorn im Auge. Dafür verantwortlich ist in ganz großem Stil John Wycliff, auch als „Morgenstern der Reformation“ bezeichnet. Wycliff ist „Vorbote der Reformation nicht nur für England, sondern für die gesamte Christenheit. Der große Protest gegen Rom, den er einleiten durfte, sollte nie mehr zum Schweigen gebracht werden. Dieser Einspruch eröffnete den Kampf, der einzelne Menschen, Kirchen und ganze Völker in die Freiheit führen sollte.“ Das wird sehr schön beschrieben im Buch „Vom Schatten zum Licht“, Kapitel 5. Wycliff, philosophisch und theologisch hoch gebildet, weist „furchtlos auf Missbräuche hin, die von Rom gebilligt wurden.“ Als Schlosskaplan des Königs wehrt „er sich standhaft gegen die päpstlichen Forderungen nach Tributzahlungen der englischen Krone an den Papst“ und zeigt, „dass der Anspruch päpstlicher Autorität über weltliche Herrscher eine willkürliche Anmaßung“ ist, die „sowohl der Vernunft als auch der Offenbarung“ widerspricht. „Die Ansprüche des Papstes hatten große Entrüstung hervorgerufen, und Wycliffs Lehren übten einen bedeutenden Einfluss auf die führenden Köpfe der Nation aus. König und Adel vereinten sich im Widerstand gegen den Anspruch des Papstes auf weltliche Autorität und verweigerten die Tributzahlungen.“ Ein weiteres Verdienst Wycliffs ist es, die Bibel in die Landessprache übersetzt zu haben. So verbreitet sich in England und Schottland protestantisches Gedankengut weit vor der eigentlichen Reformation.

Zur Zeit Heinrich VIII. sollte William Tyndale das Werk Wycliffs vollenden. Während die Bibel Wycliffs nur handschriftlich Verbreitung findet, kann Tyndale Dank Buchdruck eine Auflage von 3000 Exemplaren fertigstellen, bald erfolgt eine zweite. Tyndale bezeugt seinen Glauben schließlich durch den Märtyrertod. „Doch die Waffen, die er schmiedete, befähigten andere, den Kampf durch die Jahrhunderte bis in unsere Zeit weiterzuführen.“ (Vom Schatten zum Licht, S. 227)

Auf diesem Fundament aufbauend gelingt Heinrich VIII. die Lossage von Rom. Obwohl die anglikanische Kirche, deren Oberhaupt er nun ist, in Form und Ritus mehr der katholischen Kirche ähnelt als die protestantischen Kirchen Deutschlands oder der Schweiz, ist der Bruch mit Rom trotzdem perfekt, der Papst als Oberhaupt der englischen Kirche obsolet.

Das scheint nun Geschichte zu sein. Vatican News hebt das gemeinsame Interesse an Umweltfragen hervor und die Bedeutung der Sozialenzyklika Laudato si’, deren 10. Jahrestag 2025 begangen werde. „ An der Begegnung nahmen auch Persönlichkeiten aus dem Bereich Wirtschaft, UN-Fachleute und Umweltaktivisten teil, darunter Delegierte der internationalen Laudato si’-Bewegung. Das Treffen unterstrich die enge Beziehung zwischen katholischer und anglikanischer Kirche in Umweltfragen“, beschreibt es Vatican News.

Dass die anglikanische von ihren früheren protestantischen Idealen abweicht wird allerdings nicht erst heute deutlich. Im Jahr 2008 dann entschuldigt sich die anglikanische Kirche für einen hundertfünfzig Jahre alten „fast verjährten Affront“ aus dem Jahr 1860, bei dem der Bischof von Oxford Darwins Evolutionstheorie polemisch angegriffen hatte, berichtet die FAZ.

Im Jahr 2019 tritt der ehemalige anglikanische Hauskaplan von Königin Elisabeth II., Gavin Ashenden zum katholischen Glauben über. „Die anglikanische Kirche habe ‚einen Zusammenbruch ihrer inneren Integrität‘ erlebt, weil sie sich ‚vom Abstieg in eine säkulare Gesellschaft‘ und von der postchristlichen Kultur habe ‚verschlucken lassen‘, begründete Ashenden seine Entscheidung.“

So Unrecht scheint er nicht zu haben. Bereits 2017 bereut die anglikanische Kirche „den ‚bleibenden Schaden‘, den die Reformation an der Einheit der Kirche hinterlassen habe. Dieser stelle eine Missachtung des Liebesgebotes Jesu dar, schrieben die Erzbischöfe von Canterbury und York […] in einer gemeinsamen Stellungnahme“, wie es katholisch.de zitiert. Und 2023 berichtet Domradio, dass „homosexuelle Paare in Gottesdiensten der Church of England gesegnet werden“ können.

Da erscheint der Schritt bis hin zu einem gemeinsamen Gebet mit dem Papst dann doch nicht mehr so groß. Zu viele protestantische Prinzipien und Ideale wurden und werden zu leichtfertig geopfert. Die Arme Roms sind für zurückkehrende verlorene Söhne und Töchter weit geöffnet – vorausgesetzt, es wird sich Rom untergeordnet. Und so findet der englische Monarch, das Oberhaupt der anglikanischen Kirche, einen „imposanten, ad hoc gefertigten Holzstuhl mit seinem königlichen Wappen und der Inschrift ‚Ut unum sint‘ (zu Deutsch: ‚dass sie eins seien‘), der in der Basilika verbleiben soll. Charles bekommt dort den Titel des Königlichen Konfraters verliehen. Die Botschaft ist klar: Seht her, aus einer einst entfremdeten Figur wird nun ein Mitbruder“, bemerkt der Spiegel. Für den Papst den Bischofsstuhl „Kathedra Petri“ im Petersdom, Gold und Bronze schimmern – Symbol für den absoluten Machtanspruch über die gesamte Christenheit. Für den Obersten der kläglichen Überreste der anglikanischen Kirche ist ein Holzstuhl in der Basilika reserviert, draußen vor genau den Mauern, welche als Symbol für die Tributzahlungen der englischen Krone an den Vatikan steht. Charles III. lässt sich darauf nieder.

Vor unser aller Augen erfüllt sich einmal mehr biblische Prophetie (Offenbarung 13): Die tödliche Wunde, die das Papsttum zu Zeiten der französischen Revolution einst erhalten hatte, wird heil. Das Papsttum gewinnt mehr und mehr Macht. Immer unverhohlener fordert es Unterordnung, am Ende Anbetung ein.

Entscheiden Sie selbst. Werden Sie überwunden, oder überwinden Sie selbst? An der Seit Christi können Sie Überwinder sein. Und Überwinder werden das Reich Gottes ererben. Dann ist Ihnen nicht ein Holzstuhl sicher, als Zeichen der Unterordnung unter eine vergängliche, großsprecherische Macht. Die Bibel sagt: „Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie ich überwunden habe und mich gesetzt mit meinem Vater auf seinen Thron.“ (Offenbarung 3, 21) Mit Christus in Ewigkeit zu regieren – nicht weniger als das hat der Gott des Himmels seinen Kindern versprochen.

StpH, 04.11.2025


Kommentare auf dieser Website sollen für nachfolgende Besucher von Nutzen sein. Unsere ganz subjektiven Moderatoren mögen daher Beiträge, die zum Thema passen, kultiviert sind und Lesewert mitbringen.