Hochwasserkatastrophe Deutschland

Deutschland ist geschockt.

166 Tote, 749 Verletzte, die Zahl der Vermissten ungewiss. Stand 20.07.2021 laut Welt. Vorübergehend ist von 1300 die Rede, von denen kein Lebenszeichen zu vernehmen ist. Aber das ist z. T. auch den zusammengebrochenen Telefonleitungen und dem nicht mehr funktionierenden Internet geschuldet. Zerstörte Brücken, weggespülte und eingestürzte Häuser, unterspülte Straßen und Bahndämme. Schlammmassen und Geröllwüste wohin das Auge blickt. Gefährdete Staudämme. Erdrutsche gigantischen Ausmaßes. Gegenwärtig geht man von rund 170 Vermissten allein im Kreis Ahrweiler aus.

In Belgien ist die Zahl der Toten auf 31 angestiegen, nach 163 werde noch gesucht. Im besonders betroffenen Süden und Osten des Landes würden Polizisten von Tür zu Tür gehen, „um mögliche weitere Hochwasseropfer zu finden. Viele Menschen hätten keine Möglichkeit zu telefonieren oder ihr Handy aufzuladen, erklärte das Krisenzentrum.“ Die Niederlande und Österreich kommen mit nur Sachschaden glimpflicher davon.

Mittlerweile stehen Politiker vor den Kameras und geben Statements. Der Wahlkampf in Deutschland steht kurz vor der Tür. Annalena Baerbock bekommt vom Spiegel, passend arrangiert, ein Exklusivinterview mit Titel: „Da zieht sich einem das Herz zusammen“, Kanzlerkandidat der Konservativen Laschet lächelt zur falschen Zeit am falschen Ort und entschuldigt sich später dafür; die Bilder allerdings gehen viral. Wahlkampf aufs Schmutzigste, die großen Medienhäuser sind dabei.

Laut F.A.Z. gewinne die Diskussion an Schärfe, ob die Menschen vor der Katastrophe rechtzeitig gewarnt worden seien. Hydrometeorologe Jeff Da Costa erwiderte auf die Vorwürfe, dass die Menschen sich nicht ausreichend informiert hätten: „‚Wenn man sich nach so einer Katastrophe fragen muss, ob man eigentlich gewarnt wurde, dann wurde man nicht effektiv gewarnt.‘“ Es könne nicht vorausgesetzt und erwartet werden, die Menschen selbst nach Warnungen suchen zu lassen. Zum anderen werde auch der Klimawandel „‚als Joker benutzt, um die Verantwortung abzuschieben‘“, bemerkt Wissenschafts-Reporter Axel Bojanowski gegenüber der Welt. Das sei „skandalös“.

Thomas Clemen ist Informatikprofessor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg und als Mitglied der sogenannten Schutzkommission jahrelanger Berater der Bundesregierung zu Fragen der nationalen Sicherheit und des Katastrophenschutzes. Für ihn kommt all das nicht überraschend, weil Warninfrastruktur abgebaut, Mahnungen von Experten nicht gehört und Reformvorschläge ignoriert worden seien. „,Wenn es in Deutschland hart auf hart kommt, ist die Bevölkerung auf sich gestellt.‘“

Unterdessen finden die Behörden und Medien, die bei Corona ihren Platz in der „Warnkette“ über vorbildlich ausfüllen, vor der Hochwasserkatastrophe aber schwiegen und nicht warnten, ihre Sprache wieder.

„‚Derzeit kommen viele Menschen auf engstem Raum zusammen, um die Krise gemeinsam zu bewältigen. Wir müssen jetzt aufpassen, dass die Bewältigung der Katastrophe nicht zu einem Superspreader-Event wird‘, sagte David Freichel vom Corona-Kommunikationsstab der Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Das Landesgesundheitsministerium bereite in Absprache mit den Behörden der betroffenen Landkreise eine Sonderimpfaktion in den Katastrophengebieten vor.“

Lauterbach jedenfalls hat nichts besseres vor, als die Helfer, die nun unter Aufbietung aller physischen und psychischen Kräfte versuchen, dem Chaos Herr zu werden, „mit hochwertigen FFP2-Masken auszustatten“.

Flutopfer und Fluthelfer arbeiten hart an der Beseitigung der Schäden der Flutkatastrophe. „Nach der Flut: Die große Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft – Während die Zahl der Toten nach den verheerenden Fluten im Westen Deutschlands steigt, sind die Aufräumarbeiten der Bewohner in vollem Gange“, titelt der Stern. Die sozialen Medien sind voll mit Hilferufen, aber auch Hilfsangeboten privater Natur sowohl aus Deutschland als auch dem Ausland. Firmen kommen mit Baumaschinen, um zu helfen. Auch die großen Medien berichten ab und an von solchen Ereignissen.

Das Gefühl der Solidarität hilft, das emotionale Loch, entstanden durch den Schock der Katastrophe und die körperliche Erschöpfung, zu überwinden. Anderen zu helfen, hilft eigenes Leid zu lindern. Die Behebung des materiellen Schadens, der in die Milliarden geht, wird Jahre in Anspruch nehmen. Für den Schmerz, entstanden durch Verluste an Menschenleben, fehlen die Worte.

StpH, 21.07.2021, 9:20


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