Katholische Kirche kann Missbrauchsfälle nicht reduzieren – das Zölibat unter Beschuss

Prof. Dr. Harald Dreßig, theologischefortbildung.de

Der sexuelle Missbrauch von Minderjährigen durch Priester und Ordensleute hat die katholische Kirche in den vergangenen Jahren schwer erschüttert. Seit 2010 ergriff die Kirche verschiedene Maßnahmen zur Vorbeugung weiterer Missbrauchsfälle. Dennoch zeigt eine 2018 veröffentlichte Studie: Die Zahl der Missbrauchsvorwürfe gegen katholische Priester in Deutschland ist nicht zurückgegangen. Die Präventionsmaßnahmen der Kirche, erklärte der Mannheimer Psychiater und Leiter der Untersuchung Harald Dreßing, seien „in Hinblick auf die Zielgruppe der Kleriker offensichtlich weitgehend wirkungslos“ geblieben (FAZ vom 05.07.2019). Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch katholische Priester sei „ein anhaltendes Problem […], kein historisches“.

Stephan Ackermann Lothar Spurzem, CC BY-SA 2.0, commons.wikimedia.org

Bischof Stephan Ackermann, Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz, rief angesichts der Debatte um die neue Studie zu Besonnenheit auf. „Ich möchte mich nicht an Mutmaßungen über Zahlen beteiligen und auch nicht an Spekulationen darüber, wie sie zu deuten sind“, so der Bischof aus Trier.

Während die Forschergruppe um Harald Dreßing die Intensivierung der Präventionsmaßnahmen fordert, spricht sich der Kirchenhistoriker Hubert Wolf für die Aufhebung des Zölibats aus, um ein probates Mittel im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch durch Kleriker in der Hand zu haben. Wolf sieht im Zölibat zwar nicht direkt die Ursache für Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, doch aber einen „entscheidenden Risikofaktor“.

Weiter argumentiert Wolf, dass sich in der Heiligen Schrift keine Anordnung zum priesterlichen Zölibat fände. Weder das mosaische Gesetz noch Jesus oder die Apostel hätten eine solche Vorschrift erlassen.

Ein Blick in die Bibel gibt dem Kirchenhistoriker recht: Hier findet sich keine Anweisung der Ehelosigkeit für geistliche Amtsinhaber. Ganz im Gegenteil: Gott selbst setzte die Ehe bereits im Garten Eden für alle Menschen ein. Auch im Neuen Testament schreibt der Apostel Paulus an seinen „Ziehsohn“ Timotheus:

Ein Bischof aber soll untadelig sein, Mann einer einzigen Frau, nüchtern, besonnen, würdig, gastfrei, geschickt im Lehren. — 1. Timotheus 3,2

Gott befürwortet die Ehe zwischen Mann und Frau eindeutig. Daher sollten sich Geistliche den Ehestand nicht vorenthalten, sondern – wenn Gott sie mit einer Ehefrau segnet – durch ihr eigenes Beispiel zeigen, wie eine vorbildlich geführte, gottgewollte Ehe aussehen kann.


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