Mitgliederschwund in den großen Kirchen

Schon seit Jahren verlieren sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche viele ihrer Mitglieder. Diesen Trend erklären die Kirchen gern mit dem demographischen Wandel in Deutschland, der Alterung der Gesellschaft. Als aber vor einigen Wochen die Zahlen für das Kalenderjahr 2018 bekannt wurden, fiel eine Tatsache sofort ins Auge: Nicht die Sterbefälle, sondern die Kirchenaustritte sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen.

Selbst im erzkatholischen Bayern haben mehr als 64.000 Katholiken ihrer Kirche den Rücken gekehrt. Deutschlandweit waren es sogar 216.000 Menschen, die der katholischen Kirche davonliefen.

Bei den evangelischen Kirchen sieht es allerdings nicht wirklich besser aus. Wie die EKD bekanntgab, traten 2018 in Deutschland gar 220.000 Protestanten aus, deutlich mehr als noch im Vorjahr.

Eine Umfrage des Evangelischen Kirchenkreises Berlin Stadtmitte soll nun erste Aufschlüsse zu den Ursachen für die drastisch steigenden Zahlen an Kirchenaustritten liefern. Dort wurden all diejenigen, die sich im Jahr 2018 von der evangelischen Kirche losgesagt hatten, nach den Gründen befragt, die für ihren Austritt ausschlaggebend waren.

Warum also kann die evangelische Kirche ihre Glieder nicht dazu bewegen, ihre Mitgliedschaft beizubehalten? Erwartungsgemäß war einer der angegebenen Gründe die Kirchensteuer, die man nicht mehr zahlen wollte. Aber die Kirchensteuer gab es schon lange vor dieser Austrittswelle. Glaubt man der besagten Umfrage des Evangelischen Kirchenkreises Berlin Stadtmitte, liegt der Mitgliederschwund zu einem großen Teil daran, dass viele nichts mehr mit dem christlichen Glauben anfangen können, wie er von den großen Kirchen gelehrt wird. Ohne Frage kann man beobachten, dass sich die evangelische und katholische Kirche inhaltlich immer mehr einander annähern. In vielen Fragen sowohl des geistlichen als auch des gesellschaftlichen oder politischen Lebens gleichen die Antworten der Großkirchen mehr und mehr den Ansichten ihres nichtchristlichen Umfelds. Sollten sie nicht vielmehr für die Festigung und den Schutz biblischer Werte eintreten?

Paulus riet seinem Mitarbeiter Timotheus in 2. Tim 4,2

Verkündige das Wort, tritt dafür ein, es sei gelegen oder ungelegen; überführe, tadle, ermahne mit aller Langmut und Belehrung!

Die Umfrage ergab außerdem, dass jeder Fünfte seinen Austritt mit den kirchlichen Äußerungen zu politischen Fragen oder zu anderen Fragen des öffentlichen Lebens begründete. Das gibt zu denken und sollte ein Warnsignal für Verantwortungsträger in christlichen Kirchen sein.

Nicht selten wird auf der Kanzel zu politischen Themen Stellung genommen. Das veranlasste unter anderem den Würzburger Historiker Benjamin Hasselhorn unlängst dazu, die Politisierung innerhalb der Kirche zu kritisieren. Stellungnahmen zu tagespolitischen Fragen hätten nichts in einer Predigt verloren.

In Philipper 3,20 erklärt der Apostel Paulus,

Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel …

und Jesus selbst sagt in Johannes 18,36

Mein Reich ist nicht von dieser Welt.

Als Botschafter des Himmels ruft die Bibel Christen dazu auf, die Interessen des Reiches Gottes zu vertreten. Die gesetzliche Trennung zwischen Kirche und Staat hat uns Gewissensfreiheit gebracht und sollte auch von kirchlicher Seite beachtet werden.

Sollten Christen also nichts tun für eine gerechte Ordnung auch in dieser Welt? Doch, das sollten wir. Es heißt nicht, die Hände in den Schoß zu legen, sondern die Hände zu falten.

So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit … — 1. Timotheus 2,1-4


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