Resilienz

„Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen.“

Diese kleine Lebensweisheit ist die Quintessenz eines der Schlagworte der modernen Psychologie: Resilienz.

Ursprünglich fand der Begriff Resilienz (lat.: resilire: „zurückspringen“, „abprallen“) Anwendung in der Physik, „indem er die Eigenschaft eines Körpers definiert, nach einer Verformung in seinen ursprünglichen Zustand zurückzukehren“. In der Psychologie ist Resilienz „die seelische Kraft, die Menschen dazu befähigt Niederlagen, Unglücken und Schicksalsschlägen besser und schneller standzuhalten. […] Resilient ist, wer die emotionale Stärke aufbringt, sich von Stress, Krisen und Schicksalsschlägen nicht brechen zu lassen, sondern das Beste aus jedem Unglück zu machen, daraus zu lernen und gerade durch die Leiderfahrung über sich selbst hinauszuwachsen. Oder anders gesagt: Wer auch mit dem Kopf unter Wasser noch Perlen findet“, wird Katharina Maerlein, Autorin des Buches „Die Bambusstrategie“, auf resilienz-akademie.com zitiert. Weiter heißt es: „Im Buch Bambusstrategie gilt der Bambus als Vorbild für Resilienz. Er hält vieles aus, z.B. lange Trockenzeiten, schweren Schnee, Wind oder Hindernisse beim Wachsen. Der Bambus überlebt, weil er seine eigenen Kräfte immer wieder gezielt mobilisieren kann. Er ist widerstandsfähig.“

Spricht man über Resilienz, ist man gut beraten, diejenigen zu fragen, die Extremsituationen überstanden haben und vorbildlich damit umgegangen sind. Welche Strategien haben sie angewendet, schwierige Situationen zu meistern? Denn „wer ein mutiges Herz hat, weiß sich auch im Leiden zu halten; wenn aber der Mut darniederliegt, wer kann’s tragen?“ fragt Salomo schon vor 3000 Jahren (Sprüche 18,14).

Da wäre Viktor Frankl, der von 1905 bis 1997 lebte, ein Wiener Neurologe und Psychiater, Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse. Er, der 1938 sein Ausreisevisum verfallen lässt, um seinen Eltern beistehen zu können und dem als Jude sowohl das Behandeln arischer Patienten als auch Klettern verboten ist, verfasst das im Jahr 1946 erschienene „… trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager“. In ihm schildert Frankl seine Erlebnisse und Erfahrungen in vier verschiedenen Konzentrationslagern, darunter Auschwitz, während des Zweiten Weltkriegs. Sowohl seine Eltern als auch seine junge, schwangere Frau sterben in unterschiedlichen Lagern. Für Frankl sind Vorstellung und Ziel, nach Beendigung des Krieges Vorträge über diese schmerzvolle Zeit zu halten sowie als Bergsteiger bestimmte Gipfel wie die Rax und den Schneeberg erklimmen zu wollen, wesentliche Hilfen, durch die schwere Zeit zu kommen. „Trotzmacht des Geistes“ nennt er diesen inneren Widerstand. Von ihm, der das Wort Resilienz selbst nicht verwendete, stammen folgende berühmte und wertvolle Aussagen:

“Auch wenn es außerhalb deiner Reichweite liegt, eine schmerzhafte Situation zu verändern, kannst du immer die Einstellung wählen, mit der du dich dem Leiden stellst.“

„Es geht nicht darum, was wir vom_ Leben _erwarten, sondern vielmehr darum, was das Leben von uns erwartet.“

„Ganz er selbst wird der Mensch, wo er sich selbst übersieht und vergisst.“

„Man muss sich ja nicht alles von sich gefallen lassen. Man kann auch* stärker sein als die Angst*.“

Corrie ten Boom** (1892 bis 1983), stammt aus den Niederlanden aus einer Uhrmacherfamilie. Ab 1942 bietet ihre Familie von den Nazis verfolgten Juden Unterschlupf. Zwei Jahre geht alles gut, aber 1944 wird „das Nest“ verraten. Das Versteck selbst im Haus bleibt unentdeckt, alle versteckten Juden überleben. Corrie jedoch, sowie ihre Schwestern Betsie und Nolli, ihr Vater, ihr Bruder Willem und ihr Neffe werden verhaftet. In ihrem Buch „Dennoch“ beschreibt Corrie den Boom, wie sie noch innerhalb der ersten Woche im Gefängnislager Vught (sprich: Föcht) einen Sprechkreis mit und für andere Gefangene halten, in dem Fragen besprochen werden, wo es darum geht, anderen zu helfen:

  1. Wie erhalten wir Mut und Kraft, um uns über alle Probleme klar zu werden?
  2. Ist es notwendig, uns bereits jetzt auf das Leben nach der Entlassung zu besinnen?
  3. Wird Gott besondere Leistungen von uns erwarten?
  4. Für wen werden wir etwas tun können und müssen?
  5. Welche Kategorien von Menschen werden es voraussichtlich schwer haben?
  6. Was können wir tun für:
    • diejenigen, die aus der Gefangenschaft zurückkehren und keine Angehörigen mehr haben?
    • diejenigen, die weder Wohnung noch Hausrat mehr besitzen?
    • diejenigen, denen das innere Gleichgewicht abhanden gekommen ist?
    • junge Menschen, für welche die Rückkehr ins normale Leben ein Problem bedeutet?
    • die Gefangenen?
    • das Militär?
    • die besiegten Feinde? Spüren wir überhaupt irgendeine Berufung, für sie etwas zu tun?
  7. Was ist das Wichtigste, das allen diesen Menschengruppen zu helfen vermag?

Obwohl Corrie ten Boom 10 Monate lang in verschiedenen Gefängnissen und zum Schluss im KZ Ravensbrück verbringt und ihren Vater sowie ihre Schwester Betsie verliert, hört sie nicht auf, ihren Blick auf Gott, der ihr Halt gibt, zu richten sowie auf andere Menschen, denen sie Stütze, Trost und Ermutigung sein kann. Von Corrie ten Boom stammen folgende Zitate:

„Manche Menschen vertrauen dem Herrn, dass er ihre Seele rettet, nicht aber, dass er für ihr tägliches Leben sorgt.“

„Wer sorgt, nimmt die Verantwortung Gottes auf die eigenen Schultern.“

„Sich sorgen nimmt dem Morgen nichts von seinem Leid, aber es raubt dem Heute die Kraft.“

Und da wäre aus alter Urzeit Hiob, der Mann, der unvorstellbares Leid erduldete. Ursprünglich ein reicher und angesehener Mann, sterben alle seine Kinder bei einem Unglück auf einen Schlag. Sein gesamter Besitz kommt ihm abhanden, er selbst wird mit schwerer Krankheit geschlagen. Seine Frau, selbst fast ebenso schwer getroffen wie ihr Mann, ist nicht mehr in der Lage, ihm die seelische und moralische Unterstützung zu gewähren, derer er so dringend bedarf.

Welcher Charakter zeichnet Hiob aus? Hiob ist ein Mann, der schon zu Zeiten seines Wohlergehens das Wohl seiner Mitmenschen im Blick hatte. Das Buch Hiob beschreibt dies im 29. Kapitel, Verse 12 bis 16 wie folgt:

Denn ich errettete den Armen, der da schrie, und die Waise, die keinen Helfer hatte. Der Segen des Verlassenen kam über mich, und ich erfreute das Herz der Witwe. Gerechtigkeit war mein Kleid, und wie Mantel und Turban umhüllte mich das Recht. Ich war des Blinden Auge und des Lahmen Fuß. Ich war ein Vater der Armen, und der Sache des Unbekannten nahm ich mich an.

Auch in Zeiten größter Not wendet Hiob sein Angesicht Gott zu, lässt den Kontakt, die Verbindung zu Ihm, den er nicht mehr versteht, nie abbrechen. Immer ist er einem Größeren als nur seiner eigenen Not zugewandt. Noch in seinem Leid bekommt Hiob den Auftrag, für seine Freunde zu bitten. Indem er das tut, wendet Gott das Schicksal Hiobs. (Hiob, Kapitel 42)

Diese drei Beispiele starker Resilienz haben gemeinsam, dass hier Menschen über die große Not nach vorn blicken, auf Ziele, die hinter der Zeit der Bedrängnis liegen. Der Blick selbst in Krisenzeiten auf den Mitmenschen lässt das eigene Leid kleiner werden oder vergessen. Der Blick auf Gott gibt Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde:

„… und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss!“ (Offenbarung 21, 4.5)

Eine solche Verheißung als Zusicherung ist eine große Hilfe, auch schwerste Notzeiten an der Hand eines starken und liebenden Gottes durchzustehen.


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