Runter mit den Kilos!

In den letzten Jahrzehnten hat sich ein Trend in eine negative Richtung entwickelt, der sich im Augenblick nicht nur fortsetzt, sondern in geradezu besorgniserregendem Ausmaß verstärkt. Die Rede ist von Übergewicht und Adipositas. Beide spielen in Deutschland, sowie den meisten Industrienationen, eine gleichzeitig bedeutende wie unrühmliche Rolle.

So hat sich laut Statistik der Anteil der Erwachsenen mit Fettleibigkeit in Deutschland im Zeitraum von 1990 bis 2015 signifikant erhöht. Waren bereits 1990 12 % der Deutschen adipös, hatte sich 2015 der Prozentsatz der krankhaft Übergewichtigen mit 23,6 % so gut wie verdoppelt. Gemäß der Studie DEGS1, Erhebung 2008–2011 des Robert-Koch-Instituts sind zwei Drittel der männlichen Bevölkerung Deutschlands übergewichtig, die Frauen schnitten mit „nur“ 50 % etwas besser ab. Der Trend setzte sich fort, 2019 zitiert die AOK Hamburg/Rheinland das RKI:

„Zur Definition dient der so genannte Body-Mass-Index (BMI). … Ein BMI ab 25 – errechnet aus Körpergewicht : Körpergröße² - gilt per Definition als Übergewicht, ein BMI von 30 und höher als Adipositas.“

Dabei gibt es Länder, in denen die Situation noch weit dramatischer ist, wie ein Vergleich der Zahlen aus Mexico, Australien, Ungarn oder Neuseeland offenbart. Spitzenreiter sind die USA, in denen sich die Zahl fettleibiger Menschen 1990 auf dem heutigen Niveau Deutschlands befand und bis 2015 auf knapp 40 % der Bevölkerung kletterte.

Durch die Lockdowns ausgelöst ist dieser gefährliche Trend dabei, dramatische Züge anzunehmen. „Eine Studie am Universitätsklinikum Münster hat ergeben, dass Sport und Bewegung bei Heranwachsenden im Regierungsbezirk Münster dramatisch eingebrochen sind.“ schreibt die Sportschau.

Oberarzt und Studienleiter Manuel Föcker berichtet im Interview: „Die Gruppe derjenigen Kinder, die sich in dieser Zeit fast gar nicht mehr bewegt haben, hat sich auf zirka 25 Prozent verfünffacht. … Rund ein Drittel der Jugendlichen gab an, sich in Zeiten der Pandemie mehr Sorgen zu machen und weniger zufrieden mit dem Leben zu sein. Zusätzlich konnten wir zeigen, dass mit der Verschlechterung des Befindens wiederum eine Abnahme der Bewegung einherging.”

Föcker führt weiter aus, dass Bewegungsmangel sich sowohl auf die körperliche als auch auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen auswirke. „Übergewicht, Störungen im Fettstoffwechsel, Bluthochdruck, erhöhter Blutzuckerspiegel, Veränderungen innerhalb der Blutgefäße“ sowie darüber hinaus ein möglicher „Abbau von Muskulatur und […] Schäden am Knochen- und Gelenkapparat“ seien die Folge. Auch die Knochendichte könne abnehmen.

Die Auswirkungen auf psychischer Ebene seien ebenfalls vielschichtig. Veränderungen im Hormonhaushalt können sich negativ auf die Stimmungslage auswirken und zur Entstehung einer Depression beitragen. „Aus psychologischer Perspektive kann ein drastischer Rückgang in der körperlichen Aktivität zu einer Verringerung des Selbstwertgefühls führen. Doch gerade auch soziale Aspekte, die oftmals eng mit dem Sporttreiben - zum Beispiel im Verein - verknüpft sind, wirken sich auf die psychische Gesundheit aus. Fallen soziale Kontakte dieser Art weg, kann sich dies negativ auf das psychische Wohlbefinden auswirken“, so Föcker.

Mehrere Studien bestätigen, dass Fettleibigkeit einen schweren Verlauf von Covid-19 begünstigt. In diesem Fall „kommt es aufgrund der vermehrten Fettablagerung auch in den inneren Organen zu einer eingeschränkten Atmung und damit Minderbelüftung (Hypoventilation), die sich in mehrerer Hinsicht ungünstig auswirkt.“

Prof. Adrian Gillissen, Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Lungenstiftung und Direktor der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie von der Ermstalklinik Reutlingen-Bad Urach führt aus, dass adipöse Menschen einerseits aufgrund ihrer höheren Körpermasse einen gesteigerten Sauerstoffbedarf haben. Andererseits sei „die Dehnbarkeit ihrer Lunge eingeschränkt, da ihr Zwerchfell aufgrund der vermehrten viszeralen Fettablagerung (in den inneren Organen) weniger beweglich ist, was ihr Lungenvolumen vermindert. So kommt es aufgrund der eingeschränkten Atmung (Hypoventilation) vor allem in den basalen Lungenabschnitten zu einer Minderbelüftung, die sich in mehrerer Hinsicht ungünstig auswirkt: Die Sauerstoffsättigung des Blutes ist verringert, was den bereits erwähnten erhöhten Sauerstoffbedarf noch steigert. Entzündliche Prozesse werden angefacht, so dass sich eine chronisch-schwelende Entzündung entwickelt, die das Immunsystem schwächen und die Funktion des Lungengewebes und der Bronchien beeinträchtigen kann.“Es bestätigt sich, wie wichtig frische Luft, Sonnenschein, Bewegung und gute Ernährung sind. Sorgen Sie dafür, dass Sie genügend davon haben – auch und gerade in Zeiten des Lockdowns!


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