Liebe lernen, Liebe schützen

Vor der Hochzeit, als die Partner bis über beide Ohren verliebt waren, da war der Himmel voller Musik, und auf der Welt sah alles rosa aus. Beide sahen kaum etwas anderes als die Sonnenseite des Gegenübers. Aber bald nach den Flitterwochen kam Bewölkung auf, und jetzt sieht der Ehealltag ganz anders aus. Die rosarot gefärbte Brille ist verschwunden, und es weht eine kühle Brise der Realität. Eine allgemein bekannte Erfahrung?

Jemand hat es einmal so ausgedrückt: „Wir heiraten einen Partner wegen seiner Stärken und leben danach mit seinen Schwächen!“ Jede Person hat ihre Defizitseiten. Vor der Ehe werden sie regelmäßig übersehen, nachher aber lösen sie eine Belastung aus.

Statistiker haben herausgefunden: Bei einem Paar kommt es im Durchschnitt 2,4- mal pro Woche zu einem kleineren Streit. Fast wöchentlich gibt es einen offenen Disput, und alle zehn Wochen kommt es zum Krach. In 68 % aller Fälle beginnt die Frau mit dem Streit, dafür lenkt sie auch eher wieder ein, nämlich in 61 % aller Fälle. Ein schwerer Streit dauert im Schnitt 1 Stunde und 36 Minuten und zieht sich bis zur Versöhnung über 2,4 Tage hin. Hauptstreittag ist Sonntag (!), ganz selten wird am Freitag gestritten.

Wie sollen wir mit der Spannung zwischen Wunschtraum und Realität umgehen? Wir müssen erkennen, dass eine glückliche Ehe kein Zufallsprodukt ist, sondern bewusste und persönliche Anstrengungen erfordert. Liebe lebt, wenn sie belebt wird! Vor allem aber brauchen wir neben der horizontalen Beziehung zu anderen Menschen die vertikale Beziehung zu Gott. Es ist diese Beziehung, die dynamisches Leben und Lieben erst ermöglicht.

Was ist Liebe?

Selbstverständlich ist jedermann für die Liebe. Die Christen, die Situationsethiker, die Hippies, die Hare-Krishna-Jünger und sogar die Playboys – alle reden von „Liebe“. Aber für viele heißt Liebe lediglich: etwas kriegen; holen, was zu holen ist; den anderen als Objekt für seine Bedürfnisse gebrauchen. Und wenn man mit einem Menschen am Ende ist … nun gut, man hat ihn eben aufgebraucht. Wenn kein Nektar mehr in der Blüte ist, fliegt man zur nächsten, so ist das eben. Man lebt nach der Devise: „Nehmen ist seliger als Geben.“ Fernsehen, Kino und Illustrierte haben mit ihrer Ansicht von Liebe, Ehe und Single-Dasein unsere Gesellschaft durchdrungen. Diese Lebensanschauung bahnt sich auf tausend Weisen ihren Weg in die Familien. Hollywood hat seit jeher die heidnische Philosophie verbreitet, Liebe würde einfach „geschehen“. Man könne sie nicht lernen, sie passiere eben. Sie komme, als würde man von Aphrodite angehaucht. Man habe sie, oder man habe sie nicht. Liebe könne man nicht entwickeln, sie könne nicht wachsen, man könne sich nicht um sie bemühen, sie habe nichts mit dem Denken zu tun und schon gar nicht mit dem Wollen. Aber wenn es passiere, dann merke man es! Dann hänge der Himmel voller Geigen, man springe über rosa Wolken, und die ganze Welt erscheine in verklärtem Licht.

Solch eine „Liebe“ mag für kurze Zeit tatsächlich wunderbar funktionieren, aber was geschieht, wenn sie einmal nachlässt? Was geschieht mit einer Hollywood-Ehe, wenn die Partner langsam merken, dass ihre Gefühle unbeständig sind? Was passiert, wenn in einem der Partner Gefühle für einen anderen wach werden – wenn mit der Sekretärin im Büro oder mit dem Nachbarn nebenan etwas „geschieht“? Ist das dann ein Signal, dass man wechseln sollte?

Was ist Liebe wirklich? Der Apostel Paulus macht dazu sehr klare Aussagen: Liebe ist Geben – sich selbst einem anderen zu geben. Liebe ist nicht nur Bekommen, wie man uns einreden will. Wahre Liebe ist nicht ein Gefühl oder ein Verlangen. Sie ist nicht eine Leidenschaft, über die man keine Kontrolle hat. Liebe ist etwas, was man dem anderen „zuliebe“ tut. Sie ist eine Haltung, die konkrete und greifbare Auswirkungen hat.

Eph 5,25 Christus hat seine Gemeinde geliebt und sich für sie dahingegeben …
Joh 3,16 So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab …

Liebe heißt also in erster Linie nicht, etwas zu fühlen, sondern etwas zu tun, nämlich sich dem anderen zu schenken. Die Gefühle kommen dann von selbst! Dies gilt für Mann und Frau gleicherweise.

Liebe ist eine „Zweibahnstraße“

Zwei gleichwertige Partner lernen, zu geben und zu nehmen. Wenn regelmäßig nur einer der Gebende (oder Vergebende) ist, führt eine Beziehung bald in die Sackgasse. In der Ehe müssen beide Partner lernen und umsetzen, was Liebe praktisch bedeutet. Die ersten grundlegenden Hinweise dazu gibt uns die Bibel im Schöpfungsbericht, als Gott selbst die Ehe einsetzte. Der Text lässt vier Elemente der Liebe erkennen:

1Mo 2,24 Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhängen , und sie werden zu einem Fleisch werden. 25 Und sie waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und schämten sich nicht.

1. Freiwillig loslassen („verlassen“)

Wenn die Partner das Elternhaus verlassen, müssen sie sich von einigem lösen: von der eigenen Unselbstständigkeit, von der materiellen und emotionalen Fürsorge der Eltern, von manchem kindlichen Denkschema, von der Gewohnheit, bedient zu werden. Dieser Ablöseprozess braucht Zeit und ist lernbar.

2. Sich verpflichten („anhängen“)

Mit Anhängen ist mehr als nur die öffentlich-rechtliche Bestätigung des Ehebundes gemeint. Als Partner lernen wir, unabhängig von momentanen Gefühlen einander treu zu sein. Anhängen heißt, konkrete Verantwortung zu übernehmen: „Ich stehe zu dir, auch wenn ich mich manchmal gar nicht danach fühle“. Anhängen bedeutet, sich zu entschließen, aufkommende Probleme gemeinsam zu lösen. Eine Scheidung betrachten wir nicht als Lösung.

3. Sich vorbehaltlos öffnen („zu einem Fleisch werden“)

Das Einswerden von zwei Menschen umfasst mehr als nur ein geteiltes Bett. Ziel ist hier die Identifizierung zweier Persönlichkeiten auch auf der geistlichen und emotionalen Ebene. Innere Bedürfnisse werden nicht verdrängt, sondern verarbeitet. Auch gemeinsame Kommunikation ist lernbar.

4. Einander respektieren („nicht schämen“)

Adam und Eva konnten sich einander so zeigen, wie sie waren, ohne sich zu schämen. Es bestand kein Misstrauen, keine Verunsicherung, keine Angst, manipuliert oder missbraucht zu werden. Achtung, Transparenz und Toleranz in der Ehe sind lernbar. Das „Hohelied der Liebe“ zeigt uns, wie das gegenseitige Bedürfnis nach Wertschätzung und Respekt erfüllt werden kann:

1Kor 13,4 Wer liebt, ist geduldig und gütig. Wer liebt, der ereifert sich nicht, er prahlt nicht und spielt sich nicht auf.
5 Wer liebt, der verhält sich nicht taktlos, er sucht nicht den eigenen Vorteil und lässt sich nicht zum Zorn erregen. Wer liebt, der trägt keinem etwas nach;
6 es freut ihn nicht, wenn einer Fehler macht, sondern wenn er das Rechte tut.

Die Wichtigkeit der Bedürfnisse

Eine Ehe ist eine sehr komplexe Beziehung. Zwei Menschen, unterschiedlich in Persönlichkeit und Herkunft, werden zu einer Einheit, ohne jedoch ihre eigene Identität zu verlieren. Überlegen wir einmal, was damit alles verbunden ist! Beide verpflichten sich, die persönlichen Bedürfnisse des anderen zu befriedigen, und zwar auf lebenslange Zeit. Wenn nun die Ehepartner – oder auch nur einer – auf die gegenseitigen Vorstellungen und Erwartungen nicht eingehen, entstehen Frustration, Distanzierung und Entfremdung.

Studien in den USA haben gezeigt, dass Männer und Frauen in einer Ehe unterschiedliche Bedürfnisse haben. Diese Untersuchungen wurden nicht direkt an Christen gemacht, aber sie zeigen eine grundsätzliche Richtung an.

Die drei wichtigsten Bedürfnisse der Ehefrau:

  1. Zuneigung
  2. Verständigung
  3. Ehrlichkeit und Offenheit

Die drei wichtigsten Bedürfnisse des Ehemannes:

  1. Sexuelle Erfüllung
  2. Freizeitliche Gemeinschaft
  3. Attraktivität des Partners

Wir sehen: Die Bedürfnisse von Männern und Frauen sind sehr unterschiedlich! Es ist daher kein Wunder, dass sich in der Ehe Anpassungsschwierigkeiten ergeben. Ein Mann kann die besten Vorsätze haben, die Bedürfnisse seiner Frau zu erfüllen; wenn er jedoch meint, ihre Wünsche seien dieselben wie seine, dann wird ein jämmerliches Versagen die Folge sein. Entsprechendes gilt auch für die Frau.

Wenn jedoch ein Partner in einem wesentlichen Bedürfnisbereich keine Erfüllung mehr findet, dann kann es vorkommen, dass er an anderen Stellen nach Befriedigung sucht. Wird sein Durst nicht in der Ehe gestillt, so steigt die Versuchung, sich außerhalb das zu holen, was einem der Ehepartner versagt – auch über die Gebote Gottes hinweg.

Wer an dieser Stelle denkt, sein Partner sei anders und werde trotz unerfüllter Bedürfnisse niemals in solch eine Versuchung kommen, könnte eines Tages einen schlimmen Schock erleben. Denn leider sind außereheliche Affären auch unter Christen heute keine Seltenheit mehr. Christsein ist kein Schutz vor Versuchungen! Mehr und mehr ist es der Fall, dass auch scheinbare „Glaubenssäulen“ abstürzen. Viel besser ist es, hier vorzubeugen, indem wir Bedürfnisse erkennen und schwache Bereiche stärken.

Die Rosen in Nachbars Garten

Affären entwickeln sich meist schleichend. Sie kommen gewöhnlich nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Es gibt unweigerlich bestimmte Begleitumstände. Ein Beispiel dafür finden wir in der Lebensgeschichte von König David. Er befand sich damals in Jerusalem, während seine Armee gegen die Ammoniter kämpfte.

2Sam 11,2 Und es begab sich, dass David um den Abend aufstand von seinem Lager und sich auf dem Dach des Königshauses erging; da sah er vom Dach aus eine Frau sich waschen; und die Frau war von sehr schöner Gestalt.

Der erste Anblick von Batseba beim Bad zwischen den Blumen war unverdächtig; der zweite jedoch unverantwortlich. David hatte in seinem Leben genügend hübsche Frauen gesehen. Er hatte ja seinen eigenen Harem im Palast. Wieso war es bei dieser Frau anders? Weil David innerlich auf eine Affäre vorbereitet war. Sein Seitensprung mit Batseba hat alle Anzeichen eines „Abenteuers“. Er sah den attraktiven weiblichen Körper, Gott war gleichzeitig in die Ferne gerückt, und seine Hormone besorgten den Rest.

4 Und David schickte Boten zu ihr und ließ sie zu sich holen. Sie kam, und er schlief mit ihr … Danach kehrte sie wieder in ihr Haus zurück.

Nicht nur, dass David für eine Affäre verfügbar war, auch Batseba war es in gewisser Weise. Ihr Mann befand sich an der Front, sie war alleine zu Hause, und das Unglück nahm seinen Lauf.

Die gestohlene Frucht entpuppte sich für David schnell als giftig. Als Batseba ihm mitteilen ließ, dass sie schwanger war, wurde aus dem Vergnügen eine Verantwortung und zuletzt eine Kette von Verhängnissen. Was als „harmloser“ Ehebruch begonnen hatte, endete als Betrug, Mord und Familientragödie.

„Nur“ eine Freundschaft?

Manche Ehepartner rechtfertigen emotionale Affären (also gefühlsmäßige Bindungen ohne sexuelle Intimität), indem sie sich sagen: „Solange kein sexueller Kontakt stattfindet, brauche ich mich nicht schuldig zu fühlen.“ Aber auch unsere Vorstellungen, Fantasien und Gedanken müssen unter die Kontrolle des Geistes Gottes gebracht werden. Es wird hier ein geistiger Ehebruch begangen. Die Folge ist eine heimliche innere Entfremdung, also ein Treuebruch, der der Ehequalität einen Tiefschlag versetzt.

Viele Affären beginnen als scheinbar harmlose Freundschaften. Es werden Gefühle ausgetauscht, romantische Signale übermittelt, sentimentale Worte und Blicke gewechselt. Das alles spielt sich diskret ab – niemand weiß es, und niemand wird verletzt. Eine emotionale Bindung entsteht, ohne dass die Zwei sich darüber völlig im Klaren sind.

Oft kennt der Partner den Liebhaber sogar, denn häufig „fällt der Apfel nicht weit vom Stamm“. Nicht selten handelt es sich um die besten Freunde der Familie. Unabhängig davon, ob es um jemanden vom Arbeitsplatz oder aus dem Bekanntenkreis geht, basiert die Freundschaft gewöhnlich nicht auf körperlicher Anziehungskraft, sondern auf einer emotionalen Bindung. Im Vordergrund steht nicht unbedingt das Aussehen, sondern Zuneigung und die Bereitschaft, gewisse Bedürfnisse zu erfüllen.

Niemand ist immun

Die meisten Leute sind der Auffassung, dass bei ihnen keine Gefahr für ein Verhältnis bestehe. Die harte Wahrheit aber ist: Jeder von uns kann umfallen, wenn nur die Umstände geeignet sind, oder anders gesagt: wenn bestimmte grundlegende Bedürfnisse über längere Zeit nicht erfüllt worden sind. Es braucht nur eine einzige Entscheidung, um ungeahnte Folgen herbeizuführen. Darum ist es gefährlich zu meinen: „Mir kann das nicht passieren!“

Auch Christen scheinen in dieser Hinsicht unglaublich naiv – oder soll man sagen: überheblich? Seitdem Satan auf dieser Welt ist, kann sogar Tugendhaftigkeit zum Fallstrick werden. Mehr Leute geraten durch Anteilnahme, Wohlwollen und Mitgefühl in Untreue als durch irgendwelche niedrigen Motive! Die Welt ist voll von einsamen und gedemütigten Menschen, die nach einem verständnisvollen Zuhörer und einer Schulter zum Anlehnen hungern. Wenn dann noch die zwischenmenschliche Chemie stimmt, braucht es nur wenig, dass sich Sympathie zu Verbundenheit, zu Sinnlichkeit, dann zu Zärtlichkeit und schließlich zu Geschlechtlichkeit entwickelt.

Wann sind wir am ehesten gefährdet?

Zu bestimmten Zeiten kann in vermehrtem Maß der Umstandsstress anfällig machen für eine außereheliche Beziehung. Gewöhnlich sind das Situationen im Alltag, wo wir uns enttäuscht fühlen oder spezielle Zuneigung und Aufmerksamkeit brauchen. Das Risiko erhöht sich, wenn zur gleichen Zeit das Partnerverhältnis auf ein kühles Niveau abgesunken ist. Welche Faktoren sind es, die die eheliche Treue einer vermehrten Gefahr aussetzen?

  • Karriere und geschäftlicher Erfolg
  • Intensive berufliche Reisetätigkeit
  • Stellenwechsel oder berufliche Umschulung
  • Schwangerschaft und Geburt
  • Die Säuglingsphase, in der ein Partner besonders gestresst ist
  • Ein Kind verunglückt, oder ein Partner erkrankt
  • Midlife-Krise
  • Depression durch Versagen
  • Heirat der Kinder
  • Verlust eines Familienangehörigen

Die Folgen eines „Seitensprungs“

Eine Affäre ist ein schwerwiegender Fehltritt. Zu den Folgen gehören zerstörtes Vertrauen, kaputtes Selbstwertgefühl, seelische Schmerzen und Entfremdung. 3300 Männer und Frauen im Durchschnittsalter von 37 Jahren, in langjährigen Beziehungen oder einer Ehe verankert, wurden nach ihrem Schmerz und den Konsequenzen für ihre Partnerschaft nach einem Seitensprung befragt. Die Folgen waren katastrophal: Fremdgehen ruiniert die Gesundheit, das Konto und das Vertrauen. Wie im Krimi spielt das Leben: Es gibt keinen „perfekten Mord“, und es gibt keinen „perfekten Seitensprung“. Früher oder später kommt der Betrogene dem Betrüger meist doch auf die Schliche.

Männer und Frauen reagieren als Betrogene unterschiedlich. Der Mann neigt eher zu Verdrängung und Schweigsamkeit, die Frau badet sich oft in ihrem Schmerz und wird nicht müde, sich und dem Partner das Leben so sauer wie möglich zu machen. Dennoch ist die alte Faustregel „Nur nichts gestehen“ falsch und unbiblisch. Paare, bei denen der oder die Schuldige von sich aus ein Geständnis ablegt, haben durchaus die größeren Chancen, wieder zueinanderzufinden. Ehrlich währt doch am längsten!

Mindestens ein halbes Jahr dauert ungefähr die Bewältigung einer akuten Krise durch Ehebruch. Depressionen, unklare körperliche Beschwerden, Konzentrationsprobleme und Arbeitsunfähigkeit sind die Folgen dieser traumatischen Erfahrung. Oft scheitert die Wiedervereinigung nicht am guten Willen der Partner, sondern daran, dass der Betrogene wieder von vorne anfangen muss. Noch länger dauert es, bis das Vertrauen wieder gefestigt ist. Noch ein Jahr nach dem Seitensprung leiden Betrogene an Zwangsvorstellungen und Misstrauen – ein Gift für das zweite, neue Glück mit demselben Partner.

Ehrlichkeit ist absolut wichtig

Die Folgen eines Ehebruchs können traumatisch sein. Hier ist eine geistliche und biblisch fundierte Seelsorge notwendig, um Hilfe bei der Aufarbeitung der Ursachen und beim Suchen nach Lösungen zu geben. Der Weg zurück ist hart und nicht einfach. Ehrlichkeit ist dabei der erste Schritt.

Untreue führt zu einer Unehrlichkeit und Lügenhaftigkeit, die gewaltige Ausmaße annimmt. Um sich selbst vor den drohenden Konsequenzen oder den betrogenen Partner vor Schmerz zu schützen, folgt eine Lüge der anderen. Manche psychologischen Berater unterstützen diesen Betrug, indem sie vorschlagen, vergangene oder gegenwärtige Affären geheim zu halten, falls ein Eingeständnis zu tiefe Wunden reißen würde. Im Gegensatz dazu halte ich das offene Eingeständnis für ein Muss. Wahrhaftigkeit ist der erste Schritt zur Vermeidung von zukünftigem Leid. Wahrhaftigkeit hilft, die Umstände zu verstehen, welche den Vertrauensbruch herbeigeführt haben.

Wenn du gegenwärtig in einem außerehelichen Verhältnis stehst oder wenn du in der Vergangenheit untreu gewesen bist, dann verbirg es nicht vor deinem Partner. Das offene Eingeständnis löst den Konflikt nicht von allein, aber ohne Ehrlichkeit gibt es keine Möglichkeit, an einer dauerhaften Lösung zu arbeiten.

Ohne Trennung kein Neuanfang

Männer haben häufiger Affären als Frauen, und ihre Bereitschaft, eine Beziehung abzubrechen, ist oft geringer. Jede Hoffnung, eine Ehe zu retten, ist jedoch solange aussichtslos, wie der außereheliche Kontakt aufrechterhalten wird. Ein Eheberater, der schon Tausenden von Personen helfen konnte, sagt Folgendes:

Es ist meine unumstößliche Regel, dass ein Partner, der fremdgeht, jeden Kontakt mit dem Liebhaber augenblicklich und für immer aufge ben muss. Ein Ehepartner, der in eine Affäre verstrickt ist, kann mit einem Alkoholiker ver glichen werden. Ein Alkoholiker hat nur dann Hoffnung auf Heilung, wenn er Tag für Tag ab stinent lebt. Ähnlich verhält es sich mit jeman dem, der sich in einer außerehelichen Bezie hung befindet. Die einzige Hoffnung besteht darin, so viel Distanz wie möglich zu schaffen zwischen sich selbst und dem Liebhaber.

Was aber tun, wenn du selbst das Opfer eines Ehebruchs geworden bist? Keineswegs darfst du den fremdgehenden Partner von den Folgen seines Verhaltens abschirmen. Ungeeignet sind auf jeden Fall ein selbstanklägerisches Verständnis und eine Nachsicht, die alle Schuld nur bei sich selber sucht. Bei wiederholtem Treuebruch müssen klare Abgrenzungen vorgenommen werden: entweder eine sofortige Beendigung der Beziehung oder eine räumliche Trennung von der Familie.

Der bessere Weg: Liebe schützen

Weitaus besser als der steinige Weg eines Neuanfangs ist es natürlich, von vornherein das Eheglück zu schützen, das wir heute schon haben. Das erfordert praktische Abwehrmaßnahmen gegen zersetzende Einflüsse von außen und von innen. Unsere hormonelle Verdrahtung, die oft zu unausgeglichen ist, die Bombardierung mit einer Vielzahl sexueller Reize und die verführerische Auswahl verlockender Angebote von allen Seiten machen es notwendig, dass wir uns eine wirksame „Anti-Affären-Strategie“ zurechtlegen.

Kontrolliere deine Fantasie

Jede wirksame Schutzmaßnahme beginnt auf der gedanklichen Ebene. Salomo fragte:

Spr 6,28 Kann man über glühende Kohlen laufen, ohne sich die Füße zu verbrennen?

Die Antwort ist offensichtlich. Das Spiel mit der Fantasie ist nicht harmlos, denn die Fantasie ist die Voraufführung des realisierten Wunsches. Eine Affäre wird viele Male in der Fantasie erlebt, bevor Ort und Zeit festgelegt werden. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, die eigene Gedankenwelt einer strikten Kontrolle zu unterziehen.

Lass kein Feuer aufkommen

Vermeide grundsätzlich alles, was auch nur entfernt nach Flirt aussieht! Wenn eine Freundschaft mit jemandem vom anderen Geschlecht beginnt, Bedürfnisse zu erfüllen, für die eigentlich dein Partner zuständig ist, dann hat diese Freundschaft ihre Berechtigung verloren. Es klingt hart, aber absolute Distanz ist hier der einzig faire und sichere Weg. Machen wir uns nichts vor, sonst gehen wir auf glühenden Kohlen!

Zäune sind wichtig

Der Zaun um das eigene Herz ist äußerst wichtig, um die eigene Ehe zu schützen. Bedürfnisse, Schwierigkeiten und tiefe Gefühle müssen zwischen den Eheleuten besprochen werden. Gegenseitige Transparenz in der Ehe ist wichtig. Wenn wir jedoch Freunde des anderen Geschlechts uneingeschränkt ins Vertrauen ziehen, verwischen wir die Schutzgrenzen und machen uns verwundbar. Überlegen wir also genau, was wir wem anvertrauen.

Vermeide Heimlichkeiten

Der Versuch, bestimmte Dinge voreinander zu verstecken, bewirkt eine schleichende Entfremdung. Offenheit und Ehrlichkeit, in Liebe gesagt, sind in der Ehe ein bewährter Schutzfaktor. Beachte und kontrolliere deine Stimmungsschwankungen. Besprich Frust und Enttäuschung offen mit deinem Partner, denn vorbeugen ist immer besser als heilen.

Pflege deine Ehe

Wer innerhalb seiner Ehe das aufbaut, was Freude und Zufriedenheit schenkt, der entgeht der Versuchung, fremde Früchte zu kosten. Und noch ein Vorschlag als Denkanstoß: Erneuere deinem Partner gegenüber dein Hochzeitsversprechen, vielleicht sogar im Rahmen eines öffentlichen Gottesdienstes.

Michael Kerzendörfer, „Liebe lernen, Liebe schützen“, Standpunkte (Ausg. 24, 2014), S. 15-20